Freude am Evangelium trotz Widerstand

4. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr C; Apg 13, 14.43b–52; Joh 10, 27–30)

Die Stimmung in der Kirche ist ja zurzeit nicht gerade überschäumend — vorsichtig gesagt. Etwas ganz anderes begegnet uns in der Lesung aus der Apostelgeschichte. Paulus und Barnabas verkünden in Antiochia das Evangelium. Sie stoßen dabei auf massiven Widerstand, schließlich sogar auf Verfolgung, die sie zwingt, das Gebiet zu verlassen. Es wäre nachvollziehbar, dass ein solches Erlebnis zu Frust und Enttäuschung führt. „Und die Jünger wurden mit Freude und Heiligem Geist erfüllt“, heißt es stattdessen. Wie geht das zusammen? Wie kann ich Freude am Evangelium haben und leben — auch wenn ich auf Widerspruch stoße, wenn ich erlebe, dass nicht wenige Menschen ablehnen, was ich glaube?

Es ist die junge, gerade erst entstehende Kirche, die uns hier in der Apostelgeschichte begegnet. Ohne belastende Vergangenheit, ohne „Das war schon immer so!“ waren die ersten Verkünder des Glaubens unterwegs. Sie rechneten mit Widerstand, schließlich war der, den sie verkünden, ans Kreuz geschlagen worden. Wie könnten sie da — ohne auf Widerspruch zu stoßen — unterwegs sein? Um so größer ist bei ihnen die Freude, wenn sie auf offene Ohren stoßen — trotz manchem Widerspruch. Zweimal heißt es in dem Abschnitt, den wir gehört haben, dass sich ihnen Menschen anschlossen. Was lernen wir daraus? So schwer das auch sein mag und so leicht es dahin gesagt ist, so wahr und notwendig ist es: wir müssen uns von dem „Das war schon immer so!“ lossagen. Wir sind keine Institution zur Brauchtumspflege und zum Denkmalschutz, sondern wir sind Kirche: Gemeinschaft derer, die an Jesus glauben und die sein Evangelium bezeugen. Wir sind nicht dazu da, Vergangenheit zu beklagen, sondern die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten, indem wir das Evangelium bezeugen. Und gerade wenn wir an diesem Sonntag wieder um geistliche und kirchliche Berufe beten, sollten wir uns klar machen, dass wir als Verein zur Beweinung der verlorenen Vergangenheit wohl kaum Nachwuchs gewinnen werden. Kirche sind wir stattdessen, wenn wir wie Paulus und Barnabas uns an dem freuen, was ist — ohne gleich nachzuschieben: früher war aber … Paulus und Barnabas waren da zugegebenermaßen in einer besseren Lage. Es gab kein Früher. Sie standen am Anfang. Lernen wir von ihnen. Freuen wir uns an dem, was ist. Freuen wir uns, wenn Menschen sich auch heute noch vom Evangelium ansprechen lassen, wenn Menschen heute noch die Frage nach Gott stellen. Wir erleben doch in den letzten Jahren, dass die Zeiten sich sehr schnell und sehr radikal ändern können. Vielleicht wird ja tatsächlich auch die Frage nach Gott wieder modern.

Ich weiß, das alles ist viel leichter gesagt als getan. Wenn man immer wieder Menschen begegnet, die ablehnen, was einem selbst wichtig ist, kann einem das tatsächlich die Freude vermiesen — oder anders gesagt: vergällen. Vergällen — das ist ein schönes deutsches Wort, da kommt einem die Galle hoch, ein bitterer, unangenehmer Geschmack breitet sich im Mund aus, und aus ist es mit der Freude. Dieses Vermiesen, dieses Vergällen der Freude ist ein Prozess eigener Art. Im Regelfall ist es nicht so, dass einer kommt und mir alles vermiest, sondern es ist ein Prozess der kleinen Nadelstiche. Einer allein ist nicht schlimm, aber auf Dauer tut es weh. Wenn einem beinahe jedes Mal, wenn offensichtlich wird, dass man Christ ist, einer begegnet, der sagt oder andeutet, wie kann man nur — und je jünger man ist, desto wahrscheinlicher ist das … dann ist es irgendwann ein Nadelstich zu viel. Es nervt alles, man verbirgt seinen Glauben oder folgt tatsächlich irgendwann der Mehrheit, die sich abgewandt hat. Doch genau genommen ist das doch unsinnig. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine wichtige Entscheidung getroffen: vielleicht eine bestimmte Arbeitsstelle anzutreten, oder — wenn sie älter sind — vielleicht eine Wohnung aufzugeben oder auch zu behalten. Sie haben sich die Sache gründlich überlegt, das Für und Wider abgewogen, haben um Rat gefragt und haben sich entschieden. Und dann kommt eine Handvoll Leute und jeder sagt: wie kannst du nur! Dann genervt das Handtuch zu werfen, ist doch unsinnig. Wie kannst du nur!, ein solcher Ausruf ist kein Argument, vielleicht kennen diese Leute auch Ihre speziellen Lebensumstände nicht usw. Stattdessen ist es wichtig, die eigenen Gründe zu kennen, sich dann zu erinnern, dass es auch andere gibt, die einen unterstützen. Nur weil ein paar Leute sagen: wie kannst du nur!, ist das kein Grund eine vernünftige Entscheidung aufzugeben. Und eben das gilt auch für den Glauben. Nur weil irgendwelche Leute die Augen verdrehen, wenn sie Kirche hören, oder ein Buch gelesen haben, das der Phantasie des Autors entsprungen ist, von manchen aber für ein Geschichtsbuch gehalten wird, ist das kein Grund, sich den Glauben vermiesen zu lassen! In der Vielzahl der Nadelstiche tun sie weh, es gilt aber sie sozusagen einzeln zu betrachten, sie zu entlarven, oft sind sie belanglos — und manchmal auch einfach dumm.

Aber das Beispiel zeigt auch, dass wir über unseren Glauben nachdenken müssen, sonst wirken die Nadelstiche. Die Selbstverständlichkeit des Glaubens, die es möglicherweise einmal gab, ist dahin. Paulus und Barnabas kannten diese für ihre Verkündigung auch nicht. „Ich gebe ihnen ewiges Leben“, sagt Jesus, der Gute Hirte, im Evangelium. Darum geht es letztlich. Ewigkeit ragt schon in unser leben hinein, es geht nicht einfach um ein Jenseits. Dort wo wir Güte und Liebe spüren, gilt diese schlechthin, ohne Grenze, da leuchtet Ewigkeit auf. Letztlich kann ich mich doch auch nur am Ewigen freuen, an dem, was einfach ist. Gilt, bleibt. Ohne Grenze.

Paulus und Barnabas freuen sich am Evangelium, auch wenn sie nicht nur auf Zustimmung, sondern auf heftigsten Widerspruch treffen. Sie freuen sich an dem, was gelingt, an denen, die sich für das Evangelium öffnen. Sie müssen für uns zu Vorbildern werden. Diese Freude wird einem gelegentlich durch viele kleine Nadelstiche vermiest, doch wir sollten eher jeden Nadelstich für sich sehen, ihn entlarven oder manchmal auch nicht ernst nehmen. Deshalb müssen wir unseren Glauben kennen, müssen ihn vertiefen. Dann können wir auch erfahren, was Paulus und Barnabas erfahren: mit Freude und Heiligem Geist erfüllt zu sein.