Glaubwürdige Hoffnung erweist sich im Kleinen als tragfähig und wächst ins Große

Christi Himmelfahrt (Lesejahr C; Apg 1, 1–11; Eph 1, 17–23)

Eine Werbeagentur hätte es zurzeit tatsächlich schwer, versuchte sie das Image unseres christlichen Glaubens aufzupolieren. Sie müsste wohl versuchen das Produkt in den Mittelpunkt zu stellen — bei allen Fehlern, die die vertreibende „Firma“ ohne Zweifel hat. Dieses „Produkt“, das wir haben, ist eine Hoffnungsbotschaft, die — so bin ich überzeugt — nirgends anders zu finden ist: die Hoffnung, dass mein Leben bleibenden Sinn hat, dass das Kostbare meines Leben nicht ins Nichts fällt, weil der Mensch für immer einen Platz bei Gott, ja in Gott hat. Und brauchen wir Hoffnung nicht dringender denn je? Menschen fürchten sich vor Krieg und Klimawandel, die einzige Hoffnung, die ihnen bleibt ist oft Hoffnung im Taschenformat: dass man „sein Ding machen kann“, wie man heute so sagt. Aber was bleibt davon, wenn gesellschaftliche Umstände alles wegwehen, wenn sich die Zerbrechlichkeit unseres Daseins zeigt? Gewiss ist unsere Hoffnungsbotschaft im Moment nicht gerade gut „verpackt“, aber es kann doch kaum sinnvoll sein, ausschließlich von der Verpackung auf den Inhalt zu schließen. Gott „erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid“, heißt es in der Lesung aus dem Epheserbrief. Was also macht unsere Hoffnungsbotschaft glaubwürdig?

In der Lesung aus der Apostelgeschichte fallen mir zuallererst zwei Missverständnisse auf. Zuerst meinen die Apostel, jetzt beginne Jesu irdische Herrschaft. „Stellst du … das Reich für Israel wieder her?“, fragen sie. Dann blicken sie dem aufgefahrenen Jesus in den Himmel nach, und die Engel müssen sie ermahnen, ihre Aufmerksamkeit der Erde zuzuwenden. Die Hoffnung, die wir verkünden, ist eine Hoffnung, die Himmel und Erde verbindet, die dem Menschen bleibenden Sinn für sein Leben verspricht: sein Mühen und Kämpfen, sein Fragen und Suchen, seine Freude und seine Liebe werden in Gott vollendet und geheilt. Wo der Mensch nur den Himmel in den Blick nimmt, wird es schräg und falsch, doch genauso wenn der Mensch nur auf die Erde, nur auf dieses Leben schaut, wird es ihm nicht gelingen tragende Hoffnung aufzubauen.

Der Mensch unserer Zeit ist wohl eher versucht, letzteres auszuprobieren. Doch das Konzept „Rettung der Erde durch mich und mein Engagement hier und jetzt“ funktioniert — je älter man wird — immer weniger. Man hätte es dann gern eine Nummer kleiner. Hoffnung, die glaubwürdig ist, beginnt klein, sie erweist sich im für mich überschaubaren Bereich als tragfähig. Dann kann sie größer werden. Und das finden wir gerade in der christlichen Hoffnung, wenn man das Verrückte und Revolutionäre wagt — tatsächlich einmal in das Neue Testament zu schauen. Jesu Worte mögen oft genug herausfordernd sein, aber sie sind auch oft genug zum persönlichen Ausprobieren gut geeignet. Beispiele gefällig? „Alles was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen.“ Wann erwarte ich, dass mir jemand hilft, ein gutes Wort für mich hat? Bin ich in einer ähnlichen Situation auch dazu bereit? Oder das bekannte Wort von der Nächstenliebe. Gewiss ist dieses Wort in unserer vernetzten Welt schwerer auszulegen, aber man kann es einmal auch ganz unmittelbar verstehen. Ich muss nicht die ganze Welt erlösen, ich muss nur dem helfen, dem ich begegne und dem ich auch tatsächlich helfen kann, eben dem Nächsten. All das kann ich ausprobieren und sehen, ob sich mein Leben verändert, ob Hoffnung wächst. Das ist auch etwas Besonderes an der Hoffnung: Ich muss sie ausprobieren, dann sehe ich, ob sie trägt, sie ist kein fertiges Paket, das vom Himmel fällt. Und das Einzigartige an diesem Lern- und Probierfaktor, der zum Christentum gehört, ist, dass Gott mittendrin ist! Er beschränkt sich nicht auf die Rolle des Gesetzgebers, sondern wird ein Mensch, setzt sich all diesen Problemen ganz persönlich aus. Und oft genug antwortet er auf Fragen, die Menschen ihm stellen, begegnet ihnen und ihren Nöten. Das ist unsere Hoffnung, sie ist glaubwürdig, weil sie klein beginnt und immer größer wird. Wer es wagt, kann auch hoffen, dass sein Suchen und Fragen, seine Liebe und Freude nicht einfach vergeht, sondern Vollendung und Heilung in Gott findet.

Wenn Menschen sich in unserer Zeit engagieren, dann kann man gelegentlich die Formulierung hören, man wolle einen Unterschied machen, man wolle etwas verändern. Diese Hoffnung zu haben, ist nicht einfach. Das Bisschen, das ich beitragen kann, ändert doch ohnehin nichts in dieser Welt. Woher die Kraft nehmen, die Überzeugung nehmen, dass ich überhaupt etwas ändern kann? Klar kann man sagen, wenn alle so denken, ändert sich nie was in dieser Welt. Aber reicht das auch? Die christliche Hoffnungsbotschaft gibt eine Antwort. Sie erzählt von der größten denkbaren Veränderung in dieser Welt. Gott wird Mensch, der Allmächtige, Unfassbare wird ein sterbliches Wesen in dieser Welt. Und das ist keine zeitweilige Veränderung, dass Gott irgendwie so erscheint, er wird wirklich Mensch, und gerade das heutige Fest sagt uns, dass er für immer Mensch geworden ist. „Er sitzt zur Rechten des Vaters“, sagt das Glaubensbekenntnis. Das heißt eben auch, Gott ist für immer Mensch. Eine Welt, in der Gott wahrhaftig Menschennatur annehmen kann, in der ist Veränderung möglich. Und das Neue Testament bezeugt, dass Menschen an dieser Veränderung beteiligt sind, denken wir an Maria, die durch ihr Ja zur Gottesmutter geworden ist oder an die Apostel, die Jesus zu Zeugen in aller Welt bestimmt hat. Wer Hoffnung in dieser Welt haben will, der muss glauben, dass Veränderung möglich ist. Ich glaube nicht, dass es eine bessere Grundlage dafür gibt als den christlichen Glauben.

Unsere Gegenwart zeigt doch, wie sehr wir Menschen Hoffnung brauchen. Ich bin überzeugt, dass unsere Hoffnungsbotschaft die Antwort auf diese Suche ist. Sie verheißt uns, dass unser Leben bleibenden Sinn hat, dass unser Suchen und Mühen, unsere Liebe und Freude in Gott Vollendung und Heilung finden. Glaubwürdige Hoffnung erweist sich im Kleinen und wächst ins Große, so ist der christliche Glaube. Jesus lädt ein, seinen Worten zu folgen, sie auszuprobieren. Und Gott ist dabei, stellt sich all dem als Menschgewordener. Und genau das ist — salopp gesagt — der Clou. Wer Hoffnung leben will, muss an Veränderung glauben. Dass Gott wahrhaftig und bleibend Mensch wird, ist die größte denkbare Veränderung. Und wir sind Zeugen dafür. Bis ans Ende der Welt.